Bruckner III (Einwände und Antworten)
In einer Kommentar meint Steppenhund, "Bruckner" habe "den Sonatensatz zum Exzess betrieben", es sei also nicht ganz richtig zu sagen, dass ...
Aber: eigentlich glaube ich nicht wirklich etwas gegenteiliges Behauptet zu haben. Auch ich glaube, dass das so ist, aber das heißt nicht, dass das so ist wie bei beethoven.
Ich meine ich höre wohl, ein Thema, ein zweites Thema und gelegentlich auch ein drittes, und ich höre, dass die immer wieder kommen, aber das heißt nicht, dass das aus der Sache eine Einheit macht. Und darum geht es.
Um die Einheit der Sache.
Bei Beethoven, mehr noch als bei Mozart, ist so ein Satz als ein Satz gedacht, innerhalb dessen es eine klare Entwicklung gibt. Man höre sich mal den ersten Satz der Appassionata an. (Selbst wenn der rein technisch nicht ganz so aufgebaut ist) Wir haben eine Themenvorstellung, wir können diese deutlich von dem nächsten Abschnitt unterscheiden, welcher nicht so wild ist, wie der der auf ihn folgt, und so weiter, bis zum Exzess. D.h. was hier vorgenommen werden soll ist eine Steigerung, noch einmal: eine Steigerung.
Und das macht eine Orientierung möglich.
Und eben das fehlt bei Bruckner.
Die einzelnen technischen Deteils sind, wie Steppenhund das sagen würde, exzessiv aufgebaut. Wie wäre es mit primitiv? Man vergleiche einmal die sehr kunstvoll und witzig aufgebauten Alberti Bässe Mozarts.
(Ein Alberti Bass ist soetwas wie eine Dreiklangszerlegung, auch wenn nicht immer ein Dreiklang zerlegt wird.)
Und Bruckner? Repetitiv und primitiv, die einfachsten zerlegungen, imer und immer wieder endlos wiederhohlt.
Warum?
Weil sie einem ganz anderen Zweck dienen.
Weil die einzelnen musikalischen Ereignisse nicht mehr so aufgebaut sind, dass kunstvolle Begleitungen verlangt, oder aber auch nur nützlich wären.
Genau so ist das mit den einzelnen Formen; die dienen einem ganz anderen Zweck, eben einer Abfolge, aber nicht mehr einer Reihung, von Ereignissen.
Und das ist der witz; wenn man sich die neunte (insb. den zweiten und dritten Satz anhört), dann gibt es Ereignisse, die heraustreten, wunderschöne Sachen, aber nicht mehr zweckgebunden. Die sind nicht da um etwas einzuleiten, oder abzuschließen, die sind einfach da.
Aber: eigentlich glaube ich nicht wirklich etwas gegenteiliges Behauptet zu haben. Auch ich glaube, dass das so ist, aber das heißt nicht, dass das so ist wie bei beethoven.
Ich meine ich höre wohl, ein Thema, ein zweites Thema und gelegentlich auch ein drittes, und ich höre, dass die immer wieder kommen, aber das heißt nicht, dass das aus der Sache eine Einheit macht. Und darum geht es.
Um die Einheit der Sache.
Bei Beethoven, mehr noch als bei Mozart, ist so ein Satz als ein Satz gedacht, innerhalb dessen es eine klare Entwicklung gibt. Man höre sich mal den ersten Satz der Appassionata an. (Selbst wenn der rein technisch nicht ganz so aufgebaut ist) Wir haben eine Themenvorstellung, wir können diese deutlich von dem nächsten Abschnitt unterscheiden, welcher nicht so wild ist, wie der der auf ihn folgt, und so weiter, bis zum Exzess. D.h. was hier vorgenommen werden soll ist eine Steigerung, noch einmal: eine Steigerung.
Und das macht eine Orientierung möglich.
Und eben das fehlt bei Bruckner.
Die einzelnen technischen Deteils sind, wie Steppenhund das sagen würde, exzessiv aufgebaut. Wie wäre es mit primitiv? Man vergleiche einmal die sehr kunstvoll und witzig aufgebauten Alberti Bässe Mozarts.
(Ein Alberti Bass ist soetwas wie eine Dreiklangszerlegung, auch wenn nicht immer ein Dreiklang zerlegt wird.)
Und Bruckner? Repetitiv und primitiv, die einfachsten zerlegungen, imer und immer wieder endlos wiederhohlt.
Warum?
Weil sie einem ganz anderen Zweck dienen.
Weil die einzelnen musikalischen Ereignisse nicht mehr so aufgebaut sind, dass kunstvolle Begleitungen verlangt, oder aber auch nur nützlich wären.
Genau so ist das mit den einzelnen Formen; die dienen einem ganz anderen Zweck, eben einer Abfolge, aber nicht mehr einer Reihung, von Ereignissen.
Und das ist der witz; wenn man sich die neunte (insb. den zweiten und dritten Satz anhört), dann gibt es Ereignisse, die heraustreten, wunderschöne Sachen, aber nicht mehr zweckgebunden. Die sind nicht da um etwas einzuleiten, oder abzuschließen, die sind einfach da.
parmenides - 5. November, 19:13
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
steppenhund - 5. November, 22:18
Vielleicht bin ich nicht der richtige Mann, um über die geschlossenen Bögen bei Bruckner zu referieren.
Meine erste Bruckner-Symphonie habe ich im Alter von 13 Jahren zusammen mit meinem Vater gespielt. Das war die dritte. Später folgten dann 4 bis 9, wobei ich manche bevorzugte wie die 4te, die 5te, und die 6te. Gerade wenn man so einen viertelstündigen Satz am Klavier spielt, mag er einem endlos erscheinen - eine Abfolge von immer wieder gleichen Themen, getrennt durch Generalpausen, die bei Bruckner eine wichtige Rolle spielen.
Selbstverständlich erscheint uns ein Haydn, ein Mozart, ein Beethoven klarer. Schon Brahms, den man von der Musikform noch eher zu den Klassikern als zu den Romantikern zählen könnte, macht es dem Zuhörer nicht mehr so einfach. Und so werden mit zunehmenden Zeitverlauf die Symphonien in der Form immer freier. Die 5te Symphonie von Sibelius, die für mich Wald pur ist, lässt sich schon gar nicht mehr formal so leicht auflösen. Von der 9. Mahler sagt man, dass man danach keine Symphonie mehr schreiben könne, man könnte nichts neues mehr in die Musik bringen. Das soll jetzt einem Schostakovich, einem Prokoviev, einem Pfitzner nicht unrecht tun, doch es ist sicher kein Zufall, dass Richard Strauss keine Symphonien sondern symphonische Dichtungen geschrieben hat, die formal ganz anders aufgebaut sind.
Irgendwo auf dem Weg zur neuen Musik ist jetzt ein Bruckner zuhause. Sehr tonal, sehr formbetont, sehr exzessiv in den Gegensätzen der Lautstärke, teilweise sehr expressiv (würde ich meinen). Zwei, drei Takte genügen, um Bruckner als Komponisten zu erkennen. Vor einigen Jahrzehnten hätte ich auch sofort die Symphonie benennen können.
Ich meine allerdings, dass Musik, je "moderner" sie ist, umso öfter gehört werden muss, damit sie sich voll erschließt. Wenn man sich die Neunte zwanzigmal anhört, erkennt man auch die Zusammenhänge, die sich einem nicht sofort erschließen. Aber von der Reihenfolge der Verständnisleichtigkeit würde ich ja eher 4te, 3te, 7te, 5te, 6te, 8te und 9te reihen.
7 * 20 * ca. 1 Stunde ergibt 140 Stunden Hörgenuss, also zB 5 Monate lang jeden Tag eine Symphonie anhören. Danach behaupte ich einmal, werden alle formalen Zusammenhänge klar:)
Meine erste Bruckner-Symphonie habe ich im Alter von 13 Jahren zusammen mit meinem Vater gespielt. Das war die dritte. Später folgten dann 4 bis 9, wobei ich manche bevorzugte wie die 4te, die 5te, und die 6te. Gerade wenn man so einen viertelstündigen Satz am Klavier spielt, mag er einem endlos erscheinen - eine Abfolge von immer wieder gleichen Themen, getrennt durch Generalpausen, die bei Bruckner eine wichtige Rolle spielen.
Selbstverständlich erscheint uns ein Haydn, ein Mozart, ein Beethoven klarer. Schon Brahms, den man von der Musikform noch eher zu den Klassikern als zu den Romantikern zählen könnte, macht es dem Zuhörer nicht mehr so einfach. Und so werden mit zunehmenden Zeitverlauf die Symphonien in der Form immer freier. Die 5te Symphonie von Sibelius, die für mich Wald pur ist, lässt sich schon gar nicht mehr formal so leicht auflösen. Von der 9. Mahler sagt man, dass man danach keine Symphonie mehr schreiben könne, man könnte nichts neues mehr in die Musik bringen. Das soll jetzt einem Schostakovich, einem Prokoviev, einem Pfitzner nicht unrecht tun, doch es ist sicher kein Zufall, dass Richard Strauss keine Symphonien sondern symphonische Dichtungen geschrieben hat, die formal ganz anders aufgebaut sind.
Irgendwo auf dem Weg zur neuen Musik ist jetzt ein Bruckner zuhause. Sehr tonal, sehr formbetont, sehr exzessiv in den Gegensätzen der Lautstärke, teilweise sehr expressiv (würde ich meinen). Zwei, drei Takte genügen, um Bruckner als Komponisten zu erkennen. Vor einigen Jahrzehnten hätte ich auch sofort die Symphonie benennen können.
Ich meine allerdings, dass Musik, je "moderner" sie ist, umso öfter gehört werden muss, damit sie sich voll erschließt. Wenn man sich die Neunte zwanzigmal anhört, erkennt man auch die Zusammenhänge, die sich einem nicht sofort erschließen. Aber von der Reihenfolge der Verständnisleichtigkeit würde ich ja eher 4te, 3te, 7te, 5te, 6te, 8te und 9te reihen.
7 * 20 * ca. 1 Stunde ergibt 140 Stunden Hörgenuss, also zB 5 Monate lang jeden Tag eine Symphonie anhören. Danach behaupte ich einmal, werden alle formalen Zusammenhänge klar:)
steppenhund - 10. November, 09:34
Bruckner als Wegbereiter
"Repetitiv und primitiv, die einfachsten zerlegungen, imer und immer wieder endlos wiederholt."
Heute fällt mir zu oben stehendem Zitat ein:
Irgendwie war das aber eine prophetische Vorgabe an Techno und Rave.
Heute fällt mir zu oben stehendem Zitat ein:
Irgendwie war das aber eine prophetische Vorgabe an Techno und Rave.
parmenides - 10. November, 22:52
Aber ja
das ist ja auch die Idee, nur ist sie bei Bruckner schlicht kunstvoller ausgearbeitet; die Idee ist es das Dasein der Musik anders zu definiern, nicht mehr als Töne oder eben als eine Abfolge von Tönen, sondern als das, was diese Töne ergeben: C - Dur, oder a - Moll, oder ... oder ...
Nicht wahr, was absolut nicht das selbe ist wie C - E - G, einfach weil das Denken das weghört.
Es hat ja schon eine Melodie.
Und im Übrigen sind solche Sachen ja nur ein Teil, Bruckner macht das mit einer ganzen Menge von Dingen.
Nicht wahr, was absolut nicht das selbe ist wie C - E - G, einfach weil das Denken das weghört.
Es hat ja schon eine Melodie.
Und im Übrigen sind solche Sachen ja nur ein Teil, Bruckner macht das mit einer ganzen Menge von Dingen.
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