Kirche kündigen
Können wir dieseMenschen irgendwie entgültig aus der Politik herauswerfen?
Rom – Keine italienische Zeitung traf am Dienstag so ins Schwarze wie die Turiner Stampa: „Die Bischofskonferenz attackiert Prodi, Mastella schießt ihn ab.“ Natürlich fehlt jeder Beweis dafür, daß die vom frommen Kirchgänger Clemente Mastella provozierte Regierungskrise vom Vatikan angeregt wurde. Doch dass man im Kirchenstaat über dessen Absichten im Bilde war, steht fest.
Die Beziehungen zwischen Kirche und Staat waren in Italien schon lange nicht mehr so schlecht. Nach der Polemik um die Absage des Papstbesuchs in der römischen Sapienza-Universität und dem Aufmarsch von 200.000 Gläubigen am Sonntag auf dem Petersplatz feuerte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Angelo Bagnasco, am Montag eine neue Breitseite über den Tiber. Der sonst eher versöhnliche Kardinal machte die Regierung für die Absage des Papst-Besuchs in der Universität verantwortlich. Benedikt XVI. habe eine Empfehlung aus dem Chigi-Palast befolgt – was von Premier Prodi umgehend dementiert wurde. Das Innenministerium habe die Sicherheit des Papstes jederzeit garantiert.
Unklar bleibt, warum der Verzicht des Papstes buchstäblich im letzten Augenblick erfolgte. Denn bereits am 14. November hatten 67 Professoren der größten römischen Universität in einem Schreiben an den Rektor die Papstrede zur Eröffnung des akademischen Jahres als „unangemessen“ kritisiert. Ausschlaggebend für die Absage waren offenbar nicht Sicherheitsbedenken, sondern die Furcht vor Missfallensäußerungen vor laufenden Kameras aus aller Welt.
Inzwischen schien die Aufregung abzuflauen, da legte Bagnasco nach. Der Kardinal forderte das Parlament auf, die geltende Abtreibungsregelung zu ändern – bisher auch für die Rechte ein Tabu. Gleichzeitig zeichnete er ein düsteres Bild des Landes. Er beklagte „Werteverfall, Zukunftsangst, moralischen und politischen Niedergang, Fatalismus“ und reihte die „Attacke auf den Papst“ in die Serie der Übel ein, die die Halbinsel plagen: von der Müllmisere in Neapel über die niedrigen Löhne bis zur hohen Zahl tödlicher Arbeitsunfälle.
Eine am selben Tag veröffentlichte Umfrage des bekannten Sozialforschungsinstituts Eurispes könnte die wachsende Nervosität im Vatikan erklären: Demnach hegen nur noch 49,7 Prozent der Italiener Vertrauen in die einst so mächtige Kirche. (mu/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2008)
Rom – Keine italienische Zeitung traf am Dienstag so ins Schwarze wie die Turiner Stampa: „Die Bischofskonferenz attackiert Prodi, Mastella schießt ihn ab.“ Natürlich fehlt jeder Beweis dafür, daß die vom frommen Kirchgänger Clemente Mastella provozierte Regierungskrise vom Vatikan angeregt wurde. Doch dass man im Kirchenstaat über dessen Absichten im Bilde war, steht fest.
Die Beziehungen zwischen Kirche und Staat waren in Italien schon lange nicht mehr so schlecht. Nach der Polemik um die Absage des Papstbesuchs in der römischen Sapienza-Universität und dem Aufmarsch von 200.000 Gläubigen am Sonntag auf dem Petersplatz feuerte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Angelo Bagnasco, am Montag eine neue Breitseite über den Tiber. Der sonst eher versöhnliche Kardinal machte die Regierung für die Absage des Papst-Besuchs in der Universität verantwortlich. Benedikt XVI. habe eine Empfehlung aus dem Chigi-Palast befolgt – was von Premier Prodi umgehend dementiert wurde. Das Innenministerium habe die Sicherheit des Papstes jederzeit garantiert.
Unklar bleibt, warum der Verzicht des Papstes buchstäblich im letzten Augenblick erfolgte. Denn bereits am 14. November hatten 67 Professoren der größten römischen Universität in einem Schreiben an den Rektor die Papstrede zur Eröffnung des akademischen Jahres als „unangemessen“ kritisiert. Ausschlaggebend für die Absage waren offenbar nicht Sicherheitsbedenken, sondern die Furcht vor Missfallensäußerungen vor laufenden Kameras aus aller Welt.
Inzwischen schien die Aufregung abzuflauen, da legte Bagnasco nach. Der Kardinal forderte das Parlament auf, die geltende Abtreibungsregelung zu ändern – bisher auch für die Rechte ein Tabu. Gleichzeitig zeichnete er ein düsteres Bild des Landes. Er beklagte „Werteverfall, Zukunftsangst, moralischen und politischen Niedergang, Fatalismus“ und reihte die „Attacke auf den Papst“ in die Serie der Übel ein, die die Halbinsel plagen: von der Müllmisere in Neapel über die niedrigen Löhne bis zur hohen Zahl tödlicher Arbeitsunfälle.
Eine am selben Tag veröffentlichte Umfrage des bekannten Sozialforschungsinstituts Eurispes könnte die wachsende Nervosität im Vatikan erklären: Demnach hegen nur noch 49,7 Prozent der Italiener Vertrauen in die einst so mächtige Kirche. (mu/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2008)
parmenides - 24. Januar, 23:42
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